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Donnerstag, 7. August 2014

Eine Nacht auf dem Friedhof oder am Nabel der Welt

Cusco, die Hauptstadt des riesigen Inkareiches - Großstadt Perus, der Nabel der Welt.


Wir treffen die zwei Jungs aus Rurrenabaque wieder und schlafen das erste Mal unserer Reise zu viert im Zimmer.


Cuso ist eine schöne Stadt inmitten der Andenkette. Dank der Höhe von über 3.000m ist es nachts sehr kalt. Tagsüber im Sonnenschein herrschen sommerliche Temperaturen. Von den schönen Inkabauten sind leider nur noch die Grundmauern vorhanden, da die Spanier alle Tempel geschliffen haben und katholische Kirchen draufsetzten.

Die Mauern der Inkas bestehen aus riesigen, perfekt aneinandergeschliffenen Steinbrocken. Manche haben bis zu zwölf Ecken. Die Kanten sind schön rund abgeschliffen. Es war bestimmt ein richtig toller Anblick.


Die christlichen Kirchen schmücken die Stadt allerdings auch sehr. Man fühlt sich gerade auf dem Hauptplatz wie in Europa. In einer der grossen Gotteshäuser befindet sich ein grosses Replik des Abendmahles von Da Vinci. Judas jedoch ist hier Franzisco Pizarro (der Spanierchef, der die Inkakultur ausgerottet hat). Jesus und seine Jünger essen hier das lokale Lieblingsgericht - Meerschweinchen (siehe Bild). Auch wir kaufen uns gegrilltes Meerschweinchen. Die Tiere sind hier so gross wie Hasen. Das Vieh kommt mit Algen, Fischeiern, Kartoffeln, Mais und Rindfleisch daher und schmeckt leider sehr fettig.



Das müssen wir erst mal mit lecker frisch gemachtenm Fruchtshake herunterspülen, den die Marktfrauen inmitten ihrer übervoll beladenen Fruchtstände mixen.

Im Schokoladenmuseum stellt Flora ihre erste selbstgemachte Schokolade her. Wir lernen etwas über die Kakaopflanze und rösten die Bohnen.Danach werden sie geschält und mittels eines Mörsers so lange gerieben, bis man eine Paste hat. Ich kann mir gar nicht vorstellen aus den furztrockenen Kernen eine Paste zu mahlen. Zumal Flora und ich jeweils ein paar Bohnen und einen Mörser bekommen haben. Es ist schon harte Arbeit, zumal Flora nach 20 Sekunden mahlen "fertig" ruft. Ich mahle wie wild und bekomme Blasen an den Händen die ein paar Tage bleiben werden. Floras Paste, die ich gemahlen habe, gewinnt den Gruppenvergleich.


Da bekommt Flora einen Beutel Kakaobohnenhülsen für geschenkt, aus dem man einen leckeren Tee kochen kann. Sie ist total stolz darauf. Die Paste wird mit Chilipulver, Honig und Milch verrührt. Dazu soll jede Gruppe ein selbst gewähltes Lied singen, um dem Trunk eine gute Stimmung zu geben. Wir singen das Lied von der Biene Maja. Eine Freiwillige soll vor kommen. Der Koch erklärt, dass er nun einen typischen Mayatrunk herstellt (schliesslich haben die den Kakao entdeckt). Dazu benötigt er Menschenblut. Für uns alle sei das freiwillig - für die Auserwählte jedoch nicht. Sie brauche keine Angst zu haben, er nehme das Blut aus der Unterseite der Zunge, da habe man kaum Gespür. Die ziert sich natürlich und ich bin froh, nicht da vorne stehen zu müssen. Schliesslich kommt der Chefkoch mit einem Alkoholtupfer und einem Skalpell. Die Frau solle die Zunge rausstrecken, was sie nach einiger Überredung auch macht und er hält das Glas mit dem Kakao darunter. Dann führt er das Skalpell langsam an die Unterseite ihrer Zunge. Mir ist ganz wohl zumute auf meiner Seite des Tisches. Kurz vor der Ader zieht der Koch zurück und meint, er würde das nicht machen, aber die Mayas hätten das ihrem Kakao immer beigefügt. Erleichtert tritt das Mädel zurück. Danach trinken wir den leckeren Mix.

Nach der Showeinlage wird unsere Paste mittels einer Maschine noch feiner gemahlen und auf einer Marmorplatte ausgestrichen. Schliesslich füllen wir die Masse in Plasteförmchen und geben alle möglichen Zutaten wie Smarties, bunte Zuckerperlen, Ingwer, Cocapulver, Salz, Nüsse, Chilipulver, Kaffeebohnen und und und dazu. Ein Riesenspass für Flora.

Die Schoko kommt in den Kühlschrank. Am Folgetag holen wir sie ab. Flora ist total stolz und trabt mit ihrer Schoki von dannen. Gott sei Dank bekommen wir aber was davon ab und es schmeckt wahrhaft aussergewöhnlich gut.

In Cusco trinken wir unseren ersten Pisco Sour, das Nationalgetränk. Lecker - müsst ihr unbedingt mal probieren.

Am Feiertag der Erde, hier Pacha Mama genannt, werfen die Leute Konfetti auf die Straßen und zünden Rauchwerk. Alles Gaben für Mama Erde.

Beim Besuch im Inkamuseeum treffen wir wieder auf die länglich geformten Menschenschädel. Höhergestellte Klassen haben die Schädel ihrer Kinder bis zum Alter von 3 Jahren mit Holzbrettchen so eingebunden, bis der Kopf die ungewöhnliche Form annahm. Scheinbar eine alte Tradition. Solche Schädel findet man wohl überall auf der Welt. Vor dem Museeum verkleidet sich Flora als Inka mit einer grossen bunten Mütze, die die Form eines Eierwärmers hat und einem bunten Poncho.


Im Hostel übernachtet die Gruppe "Horror Show Lima". Die verkleiden sich jeden Tag professionell als Untote, Werwölfe, Teufel, als der Tod oder als Geister mit gruseligen Verletzungen. Flora ist von der Sache ebenso angetan wie abgeneigt. Die Gruppe hat in der Stadt Räume gemietet, die nun als Gespensterbahn genutzt werden. Die Vorstellung ist so grauselig, dass man die Leute von draussen laut schreien hören kann. Nachdem man durchgegangen ist, setzten sich die Leute erstmal auf den Boden, um sich vom Schrecken zu erholen. Manchen japsen nach Luft. Einige rennen während des Durchganges raus - andere bekommen kurz vorm Eintritt kalte Füsse und lassen ihr Eintrittsgeld saussen. Da ich die Schauspieler kenne, ist es für mich relaxt. Jedoch fasst mich die ganze Zeit irgendein Zuschauer oder -in am Rücken an, um menschlichen Kontakt zu haben. Ein Junge nimmt meine Hand und drückt sie die ganze Zeit vor Angst - und das obwohl ihn seine Mutter auch fest in den Armen hält. Was für eine Show. Doreen wird bei Ihrem Durchgang versehentlich voller Kunstblut gespuckt. Flora will auch mit rein, aber das wäre der sichere Gang zum Psychiater.





Eines Tages lassen wir Flora von einem Mädel der Gruppe schminken und zwar als Tiger. Diese Maskerade koennt Ihr auch auf dem Inka-Bild sehen.

Sie tigert nun so durch die Gassen von Cusco bis sie die Schminke stört. Doreen versucht, Flora von der Schminke zu befreien, was ohne Seife aber schlecht geht. Sie verschmiert vielmehr den Tiger dergestalt, dass Flora nun auch wie ein Zombie aussieht.

Die Leute in der Stadt sind aus dem Häusel. Alle schauen Flora nach und wissen nicht was los ist - klar, wer schminkt seine dreijährige schon als Zombie? In der Fussgängerpassage vor dem Horrorhaus verteilt die Gruppe in ihren scheusslichen Kostümen Werbung für die Show. Da Flora aussieht, als gehöre sie dazu, geben sie ihr immer wieder Flyer, die sie mit grosser Freude an die Passanten verteilt, bis sie schliesslich zwei Mädels auftreibt, mit denen sie spielt und tanzt.



Nun gibt es aber auch eine Führung des Nachts durch den lokalen Friedhof. Ich fahre mit der fertig geschminkten Gruppe, also dem Tod, dem Teufel, einem Untoten a al Marylin Manson und einer gefolterten Jungfrau auf den Friedhof.

Vor dem Portal warten schon die Zuschauer. Ich werde rausgelassen, während die Gruppe auf das Friedhofsgelände fährt. Ein Führer erzählt ein paar Schauermärchen und führt uns über den Gottesacker. Dort tauchen dann die Gestalten auf und erschrecken ordentlich unsere Gruppe. In Südamerika beerdigt man nicht mehr traditionell unter der Erde. Vielmehr werden die Leichen in Schächte gesteckt, die wie ein grosser 8 stöckiger Schubladenschrank auf den Friedhof gemauert werden. Die Schächte werden zugemauert und vorn wird ein kleiner Platz freigelassen für Blumen und die Inschrift. Meist ist der Schacht mittels eines abschliessbaren Gitters oder Fensters verschlossen. Es gibt auf dem Friedhof hier vielleicht 6 oder 8 solche Gebäude wobei pro "Schrank" vielleicht 200 Gebeine Platz finden. Die oberen Gräber erreicht man nur mittels einer Leiter. Einige der Gestalten verstecken sich direkt in freien Grabschubladen, aus denen sie hervorkriechen. Die Zombies spucken Blut und ziehen grosse Blutlachen hinter sich her. Da ist ordentlich Bewegung in der Gruppe, wenn so ein Monster neben der Gruppe aus dem Grab kriecht und auf einen zukommt. Der Tod, schwarz gekleidet mit einer riesigen Kapuze, die seine Fratze nur erahnen lässt, hat eine grosse Eisenkette bei sich. Die rasselt ab und an hinter einer dunklen Ecke, dass sogar ich vor Schreck zusammenfahre. Keine Ahnung wie man so eine Show genehmigt bekommt. Ich kann mir das in Deutschland nicht vorstellen und ich glaube nicht, dass die Angehörigen angetan sind.



Rückzu fahre ich mit der lustigen Gruppe im Van und gebe zur Feier des Tages Bier aus, das mit einer abgeschnittenen Hand und einem Gehirn kreuzförmig aufgestellt wird. Die Gruppe feiert bis tief in die Nacht - ich mit. Die jungen Menschen studieren meist Schauspielkunst und sie geniessen die Freiheit der Jugend in der Ferne.


Am Ende des Abends kluppe ich mir den Finger der Hand blutig ein, mit der ich kurz darauf den Fotoapparat aus der Kloschüssel rette. Die folgenden Tage verbringe ich nun mit der Angst mir eine Entzündung eingeholt zu haben. So blöd kann man gar nicht denken. "Haben sie in der Ferne evtl. Kontakt mit Fäkalien?" - Nein, natürlich nicht!

Flora ist am Tag darauf sauer, weil ich, wie sie sagt, ein Abenteuer gemacht habe, ohne sie mitgenommen zu haben. Da bekommt sie ein paar Zuckerrohrstücken zum kauen und darf sich eine andine Trachtenvorstellung anschauen, um milde gestimmt zu werden.


am Tagesende auf dem Busbahnhof




2 Kommentare:

  1. Nabel der Welt klingt gut. Wirklich schöne kulinarische Erfahrungen, auch für die Kleinen. Wir machen ganz spießig Urlaub in Südtirol mit Kindern und Pool :))

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  2. Kennst du schön die Grödnertal Hotels? Wundervolle Gegend.

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